Die Qual der Wahl

Der Ideenflut Herr werden

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Eine gern gestellte Frage auf Lesungen lautet: „Woher bekommen Sie nur die Ideen für Ihre Bücher?“ Wer selbst seit längerer Zeit schreibt, weiß, dass Autoren selten unter Ideenmangel leiden. Meist haben sie mehr Ideen, als sie zu Lebzeiten in Romanen verarbeiten können. Ein Luxusproblem – und doch ein Problem, denn wie schafft man es, so viele Ideen wie möglich umzusetzen? Und wie stellt man sicher, sich für die packenden und gegen die schwachen Ideen zu entscheiden? Vier Lösungsansätze.

Die Ideen sprudeln

Beinahe jeder Autor hat ein Faible für bestimmte Themen, die sich daher wieder und wieder in seinen Schreibprojekten abzeichnen. Hinzu kommt, dass jeder, der schreibt, mit offenen Augen durchs Leben geht und auf Details achtet. Autoren registrieren interessante Szenen, lustige Dialoge, charakterliche Merkmale der Mitmenschen, kleine Ticks – all das ist Futter fürs Schreiben. Zudem sind Zeitungen und Onlinemedien voll mit potenziellen Themen. An Ideen mangelt es also nicht.

Hier findest du Anregungen, wie du Ideen zum Sprudeln bringen kannst.

Ideenmanagement

Wie schafft man es also, möglichst vielen Ideen Raum zu geben? Wie findet man heraus, welche Ideen vielleicht doch nicht geeignet sind? Und wie entscheidet man bei einer zu großen Flut an guten Ideen, welche davon man als nächstes bearbeiten sollte?

1. Höhere Produktivität

Um mehr Ideen bearbeiten zu können, muss man produktiver werden, den Output hochschrauben – und zwar ohne Einbußen bei der Qualität. Dazu gibt es mehrere Techniken.

  • Übung
    Wer noch am Anfang seiner Autorenkarriere steht und am Ball bleibt, wird feststellen, dass er mit der Zeit automatisch schneller schreibt. Zum einen hat man mit der Zeit den Aufbau von Szenen so verinnerlicht, dass man nicht mehr lange darüber nachdenken muss, wann sie starten und wie sie sich entwickeln sollen, zum anderen hat sich der Stil verfestigt und die Wörter fließen automatisch aus einem heraus, ohne dass man jeden Satz zehnmal abwägen muss, bevor man schließlich zum nächsten übergeht. Es ist also ganz natürlich, dass man mit der Zeit von allein schneller schreiben kann.
  • Planung
    Eine gute Planung kann Wunder bewirken. Je ausführlicher Plot und Figuren im Vorfeld ausgearbeitet werden, desto schneller der eigentliche Schreibprozess. Zusätzlich zum Szenenplan, der immer noch recht grob ausfällt, kann es helfen, auf Spaziergängen, bei der Hausarbeit oder bei ähnlichen Routinetätigkeiten sich die nächsten ein, zwei Szenen im Kopf detailliert auszumalen. Dann läuft es wie am Schnürchen, sobald man sich zum Schreiben an den Rechner oder Laptop setzt.
  • Inneren Kritiker beim Schreiben ausschalten
    Vielen hilft die strikte Trennung von Schreiben und Überarbeiten. Diese beiden Tätigkeiten beanspruchen unterschiedliche Hirnareale, denn während das Schreiben eine vorwiegend kreative Tätigkeit ist, handelt es sich beim Überarbeiten hauptsächlich um eine analytische. Wer beim Schreiben nicht vorankommt, weil er ständig über den ersten Sätzen brütet, um diese möglichst perfekt hinzubekommen, für den könnte es befreiend sein, den inneren Kritiker auszuschalten, indem er sich selbst gestattet, dass der erste Entwurf nicht gleich preiswürdig sein muss. Immerhin kann (und sollte!) man diesen Entwurf im Nachhinein überarbeiten. Mich hat erst diese bewusste Trennung damals in die Lage versetzt, die Rohfassung des ersten Romans endlich schreiben zu können.
    Es gibt jedoch auch Autoren, die sich außerstande sehen, weiterzuschreiben, solange sie nicht das Gefühl haben, das bisher Geschriebene sei wenigstens annähernd brauchbar. Letztlich muss jeder selbst herausfinden, mit welcher Vorgehensweise er am besten zurechtkommt.
  • Diktieren
    Die meisten Menschen können schneller reden als tippen. Texte – auch Romane – zu sprechen, statt sie über eine Tastatur einzugeben, kann somit zu einer unglaublichen Zeitersparnis führen. Glücklicherweise ist die Genauigkeit von professionellen Speech-to-Text-Programmen (zum Beispiel Dragon NaturallySpeaking) inzwischen hervorragend. Wer ein gutes Mikro nutzt und das Programm gut trainiert, kann mit dessen Hilfe im Vergleich zum Tippen im selben Zeitraum ein Vielfaches an Text zustande bringen.

2. Kollaborationen

Kollaborationen von Autoren kommen derzeit immer mehr in Mode, vor allem in der Selfpublishing-Szene, in der eine hohe Veröffentlichungsfrequenz und gemeinsame Marketinganstrengungen maßgeblich zum Erfolg beitragen können.

Der Kollaborationskönig schlechthin ist nicht umsonst Jahr für Jahr der bestverdienende Autor weltweit: James Patterson. Er veröffentlicht allerdings ganz traditionell über Verlage. Sein Kollaborationsmodell sieht so aus, dass er die Idee sowie eine recht ausführliche Outline entwickelt (bei ihm ist das ein recht langer Absatz zu jedem Kapitel), jemand anderes schreibt die Rohfassung und er gibt anschließend Hinweise zum Überarbeiten. Auf dem Cover des fertigen Werks stehen dann beide Autorennamen.

Ein anderes Kollaborationsmodell kann so aussehen, dass sich zwei oder mehr Autoren die Kapitel anhand der unterschiedlichen Perspektivträgern aufteilen: Einer schreibt die Kapitel aus Sicht des Protagonisten, die andere diejenigen aus Perspektive des Antagonisten. Oder beim Liebesroman schreibt eine Autorin die Szenen aus Sicht der weiblichen, die andere die Szenen aus Sicht der männlichen Hauptfigur.

Ebenso lassen sich die Kapitel ungeachtet der Perspektivträger aufteilen. Oder einer schreibt die Rohfassung, währenddessen bearbeitet die andere die schon geschriebenen Kapitel, am Ende sehen sich beide das Ergebnis an und feilen so lange, bis beide damit glücklich sind.

Es gibt also viele mögliche Formen von Kollaborationen. Auch Anthologien gehören dazu. Bei der gemeinsamen Arbeit an einem Roman ist allerdings essenziell, dass am Ende das Werk wie aus einem Guss wirkt, dass sich nicht verschiedene Stile wahllos im fertigen Werk finden, wo das nicht beabsichtigt ist. Kollaborationen erfordern also Fingerspitzengefühl bei der Überarbeitung. Und ein großes Maß an gegenseitigem Vertrauen in der kreativen Zusammenarbeit und – beim Selfpublishing – auch im Anschluss an die Veröffentlichung, was die Weiterleitung des Tantiemenanteils anbelangt. Definitiv können Kollaborationen aber dabei helfen, schnell mehr Werke auf den Markt zu bringen, als das allein möglich wäre.

3. Ideen auswählen und aussieben

Sind wir mal ehrlich: Anfangs ist man bei nahezu jeder Idee Feuer und Flamme, doch so manche entpuppt sich im Nachhinein als doch nicht so spannend oder außergewöhnlich wie erhofft, andere geben genügend Stoff für eine Kurzgeschichte oder Novelle her, tragen aber keinen ganzen Roman. Am besten wäre es natürlich, die tragfähigen Ideen erkennen zu können, ohne erst immens viel Arbeit hineinzustecken. Am schnellsten funktioniert das, indem man eine kurze Outline entwirft, also eine Zusammenfassung der Geschichte von Anfang bis Ende schreibt. Mit etwas Erfahrung und Übung merkt man schnell, ob sie genügend Konflikte und Wendungen hergibt, um sie zu einem Roman zu entwickeln. Auf diese Art muss man nicht erst 20.000 oder mehr Wörter umsonst schreiben.

4. Priorisierung

Nun kann es natürlich sein, dass man gleich mehrere gute Ideen hat, die allesamt für jeweils einen Roman taugen, und dass man all diese Romane gern selbst und allein schreiben möchte. Doch mit welchem sollte man in diesem Fall starten? Auch hier können kurze Outlines zu allen Ideen helfen. Dabei merkt man ganz schnell, welches Thema und welcher Plot einen regelrecht packen, worauf man förmlich brennt, es schreiben zu können. Und genau damit sollte man dann auch starten.


Leidest du unter Ideenarmut oder -überfluss? Nach welchen Kriterien wählst du aus, welches Schreibprojekt du als nächstes angehen möchtest? Ich freue mich über Kommentare!


Bildnachweis: bluecups || depositphotos.com

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