Literaturagenten bauen Autoren zu einer Marke auf, sie helfen ihnen in allen Belangen ihrer Karriere und dienen manchmal sogar als Seelsorger. Kenntnisreich, informativ und sehr unterhaltsam referierte Peter Molden beim ersten Pub ’n’ Pub in Köln über seinen Beruf – und seine Berufung – als Literaturagent.
Manche Literaturagenturen haben sich auf einzelne Tätigkeiten spezialisiert, etwa auf die Vermittlung von Auslandslizenzen für Verlage oder von Lesungen für Autoren. Das, was man gemeinhin unter einer Literaturagentur versteht – nämlich die Vertretung des Autoren bei der Verlagssuche, der Vertragsgestaltung, der Überprüfung der Abrechnungen etc. –, ist noch recht neu in Deutschland und hat sich erst vor rund 20 Jahren etabliert, so Peter Molden am Dienstag (26. November 2013) in seinem Vortrag beim Pub ’n’ Pub im Literaturcafé Goldmund in Köln.
Literaturagent übernimmt die Verlagssuche
Was leistet nun ein typischer Literaturagent für die von ihm vertretenen Autoren? Zunächst einmal gibt er ein Feedback zum aktuellen Manuskript und zeigt gegebenenfalls Schwächen auf, an denen der Autor noch arbeiten sollte, um die Vermittlungschancen an einen Verlag zu erhöhen. Dann kommt die Haupttätigkeit: die Suche nach einem Verlag für das Manuskript. Literaturagenten sollten fest in der Branche verankert sein, sie brauchen exzellente Kontakte in den Verlagen, sie müssen die Verlagsprogramme kennen und bestenfalls auch die persönlichen Vorlieben einiger Verlagslektoren, um ein Werk gezielt dort anbieten zu können, wo es die besten Chancen hat. Dabei wird ein Manuskript immer einigen Verlagen zugleich angeboten. Gibt es daraufhin mehrere Interessenten, kommt es zu einer Versteigerung – der Jackpot für Autor und Agent, denn so lassen sich höhere Vorschüsse erzielen und eventuell bessere Zusatzvereinbarungen, etwa zur Höhe der Prozente (Tantiemen), feste Zusagen in Bezug aufs Marketing oder Ähnliches. Nicht immer erhält der Verlag mit dem höchsten Angebot für den Vorschuss den Vorzug. Bietet ein Verlag nur einen Vertrag für dieses eine Werk, ein anderer aber einen für gleich drei Bücher, könnte letzteres Angebot interessanter sein. Auch wenn ein Verlag zum Beispiel eine Buchparty zum Launch verspricht, eine Lesereise, Anzeigen in großen Magazinen oder an Bahnhöfen, dann kann das im Gesamtpaket einen kleineren Vorschuss aufwiegen. Nicht zu vergessen die Reputation des Verlags – und die Chemie zwischen Autor und Lektor.
Vertrauen als wichtige Basis
Die Chemie ist ein wichtiger Punkt, auch in der Geschäftsbeziehung zwischen Literaturagent und Autor. Selbst wenn später die Kommunikation meist über Telefon und E-Mail läuft, möchte Peter Molden beispielsweise einen Autor, dessen Vertretung er erwägt, gern zunächst persönlich treffen und den Menschen kennenlernen. Für eine solche Geschäftsbeziehung ist Vertrauen eine unabdingbare Voraussetzung – auf beiden Seiten. Der Autor muss sich darauf verlassen können, dass der Agent ihn bestmöglich vertritt und in seinem Interesse handelt, der Agent wiederum muss sich sicher sein können, dass der Autor seine Bemühungen nicht torpediert, indem er halbgare Texte in Eigenregie auf den Markt wirft oder hinter dem Rücken seines Agenten selbst auf Verlage zugeht. Das komme aber praktisch nicht vor, so Molden. Die meisten Autoren seien froh, wenn jemand ihnen das Drumherum abnehme und sie sich ganz auf das Schreiben konzentrieren könnten.
Individuelle Betreuung durch den Literaturagenten
Alle Menschen sind unterschiedlich, was per definitionem selbstverständlich auch auf Autoren zutrifft. Ein guter Literaturagent nimmt darauf Rücksicht und betreut seine Autoren individuell. Einige Autoren bräuchten ihre Ruhe zum Schreiben, so Molden, und möchten im Schaffensprozess möglichst wenig gestört werden. Dann müsse man ihnen das zugestehen. Andere Autoren bräuchten regelmäßigen Zuspruch und müssten ihr Herz ausschütten können, wenn sie mit dem aktuellen Manuskript ins Stocken gerieten. In solchen Fällen telefoniere er wöchentlich mit dem Autor, erkundige sich nach dem Stand der Dinge, und wie es vorangehe, erklärte Molden. Manchmal diene ein Literaturagent als Schreibblockadenlöser, manchmal gar als Seelsorger und auch schon mal als Blitzableiter. Ganz wichtig in diesem Zusammenhang: Die Branche ist klein und die Verlagsmitarbeiter kennen sich meist untereinander, oft wechseln auch Lektoren von einem Verlag zum anderen. Allein schon aus diesem Grund sollten Autoren öffentlich kein Porzellan zerschlagen.
Die Vertragsgestaltung
Kommt es zu einem Vertrag mit einem Verlag, achtet ein Literaturagent darauf, dass der Autor nicht benachteiligt wird. Er kennt alle Facetten des Geschäfts und weiß, worauf es ankommt. Molden nimmt ausschließlich seine eigenen Verträge, die beispielsweise allesamt eine Frist beinhalten, nach deren Ablauf die Rechte automatisch an den Autor zurückfallen. Ist der Verlag an einer Verlängerung der Nutzungsrechte interessiert, muss er neu verhandeln. Dieser Punkt ist für mich sofort nachvollziehbar. Die Halbwertszeit von Büchern hat stark abgenommen, immer mehr Publikationen werden in immer kürzeren Abständen auf den Markt geworfen, was dazu führt, dass Verlage viele Titel schon nach Ablauf der obligatorischen 18 Monate verramschen. Das bestätigte auch Peter Molden und bedauerte, dass vielen Werken gar nicht mehr die Zeit gegeben wird, ihre Leserschaft zu finden und zu einem Erfolg zu werden. Wenn nun ein Verlag ein Werk aber nicht mehr nachdruckt und nicht mehr aktiv vertreibt, warum sollte er dann das Nutzungsrecht für viele weitere Jahre behalten? Der Autor könnte das Werk andernfalls neu anbieten oder selbst herausbringen. Insofern finde ich die Befristung absolut gut, weiß aber nicht, ob ich selbst bei einem Vertrag darauf geachtet hätte. Ein Indiz dafür, dass sich ein Literaturagent trotz der Prozente, die er von den Erlösen des Autors bekommt (15 bis 20 Prozent, je nach Agentur) schnell bezahlt machen kann. Interessant finde ich auch, dass die großen Verlage laut Molden in der Regel nicht groß feilschen und auf ihren eigenen Verträgen bestehen – im Gegensatz zu vielen kleinen Verlagen, mit denen es häufiger zu Diskussionen kommt, da sie sich oft nicht so gut auskennen und unsicher sind.
Auf lange Sicht: Aufbau einer Autorenmarke
Ein Literaturagent agiert nicht nur von Werk zu Werk, sondern er unterstützt im Idealfall den Autor bei der Planung seiner Karriere und bei strategischen Entscheidungen. Das Ziel dabei ist es, eine Autorenmarke aufzubauen. Wer ein Vielschreiber ist und vielleicht gerne unterschiedliche Genres bedienen möchte, könnte beispielsweise auch in mehreren Verlagen veröffentlichen. Laut Molden ist dabei aber Transparenz ganz wichtig. Auch wenn der Autor Pseudonyme benutze, müsse man dem anderen Verlag mitteilen, dass ein Werk dieses Autors in einem anderen Verlag erscheinen werde. Wieder gelte: Die Branche ist klein und würde der Verlag das aus anderer Quelle erfahren, könne er zu recht verschnupft reagieren. Zudem sei es sowieso schwierig, Pseudonyme geheim zu halten (mehr dazu: ein Beitrag über Pseudonyme und in diesem Kommentar bin ich auf das schwierige Thema offenes vs. geschlossenen Pseudonym eingegangen).
Wie findet man einen Literaturagenten?
Die meisten Literaturagenten haben eine Website mit allen Angaben darüber, wie sie sich die Kontaktaufnahme und ein Manuskriptangebot vorstellen. Daran sollte man sich natürlich halten. Meist wünschen sich die Agenten ein Exposé, eine kurze Vita und die ersten 20 bis 50 Seiten (Website beachten!) des Manuskripts.
Einen guten Literaturagenten für sich zu gewinnen ist nicht einfacher, als einen großen Verlag für sein Werk zu begeistern. Letztlich haben auch Literaturagenten begrenzte Ressourcen und können nur eine endliche Menge an Autoren so umfassend betreuen, wie diese es sich wünschen. So können auch sie nur die interessantesten und erfolgversprechendsten Werke (und Autoren) vertreten. Peter Molden hatte mir in Köln gesagt, dass es ihm vor allem darauf ankomme, dass das Manuskript ihn auf den ersten Seiten packe. Ob das nun durch ein besonderes Spannungsmoment passiere, durch eine fesselnde Figur oder durch eine ungewöhnliche Sprache, könne er nicht allgemeingültig sagen. Aber wichtig sei eben, dass er schon zu Beginn mitgerissen werde. Daher sei es auch wichtig, die ersten Seiten des Manuskripts zu schicken und nicht die spannendste Szene von Seite 187 bis Seite 199. Denn auch die Lektoren und nicht zuletzt die Leser würden sich anhand der ersten Seiten für ein Buch entscheiden – oder eben nicht.
Über Peter Molden
Peter Molden stammt aus Wien und war in unterschiedlicher Position in mehreren Verlagen angestellt tätig, zuletzt viele Jahre als Mitglied der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Lübbe. Seit 2005 führt er seine eigene Literarische Agentur in Köln.
Literarische Agentur Peter Molden
Über Pub ’n’ Pub
Pub ’n’ Pub ist eine Veranstaltungsreihe, die Menschen aus der Literaturbranche zusammenbringen möchte. Ursprünglich von Leander Wattig in Frankfurt initiiert, gibt es Pub ’n’ Pub inzwischen in vielen weiteren Städten: Berlin, Essen (Ruhrpott), Hamburg, München, Wien, Zürich – und nun auch in Köln, wo ich sehr gerne die Organisation übernommen habe. Das Besondere am Pub ’n’ Pub gegenüber zum Beispiel Autorenstammtischen und Lektorentreffen ist, dass hier die gesamte Branche zusammenkommt: Autoren (sowohl Verlagsautoren als auch Selfpublisher), Lektoren (angestellt im Verlag oder freiberuflich tätig), Verlagsmitarbeiter aus den unterschiedlichen Abteilungen, Literaturagenten, Buchhändler, Literaturblogger, PR-Experten – all die Buchbegeisterten, die daran mitwirken, dass tolle Werke entstehen und ihren Weg zum Leser finden. Pub ’n’ Pub gibt es etwa alle zwei Monate, der nächste Termin in Köln wird voraussichtlich im Januar 2014 sein – sicherlich wieder mit einem interessanten Thema und tollem Referenten.
Lässt du dich von einem Literaturagenten vertreten oder strebst das für die Zukunft an? Warum beziehungsweise warum nicht? Ich freue mich über Kommentare!
Bildernachweis: alle Fotos © Kerstin Brömer, aufgenommen am 26.11.2013 beim 1. Pub ’n’ Pub in Köln
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