Am Montag gab es den ersten Teil mit interessanten Branchennews der letzten Wochen. Heute folgt nun der zweite und vorerst letzte Teil. Mit dabei: Das Konzept der Bundles, Kindle MatchBook von Amazon, E-Book-Flatrates, der neue Verlag CulturBooks und die Plattform Sobooks mit ihrem Ansatz des interaktiven Lesens.
Bundles: Im Paket billiger
Bundles, das sind mehrere Artikel oder Einheiten zu einem Paket zusammengestellt, das es meist billiger gibt, als würde man die Artikel einzeln kaufen. Das Prinzip kommt nun auch im E-Book-Markt an. Doch in Deutschland gestaltet die Buchpreisbindung, die auch für E-Books gilt, das eigentlich tolle Konzept reichlich kompliziert. Umso interessanter sind nun Vorstöße vonseiten mehrerer Unternehmen.
Die Libri-Tochter ebook.de ist unter die Verleger gegangen und hat mehrere Regionalkrimis zu Sammelbänden zusammengefasst, die es so nur auf der Plattform gibt – und die deutlich günstiger sind als die Einzeltitel zusammengenommen.
Solche Bundles wären ein klarer Verstoß gegen die Buchpreisbindung – wenn die Libri-Tochter hier einfach die Verlagsausgaben bündelen würde. Das passiert aber nicht, vielmehr tritt eBook.de hier als Verleger auf und verkauft eBook.de-Ausgaben der eBooks (die den Verlags-Ausgaben aber inhaltlich und formell 100%ig entsprechen). Das Prozedere sei vom Börsenverein abnickt, versicherte uns eine eBook.de-Sprecherin auf Anfrage.
So steht es auf lesen.net zu lesen.
Das ist besonders interessant, da Amazon in den USA und in Großbritannien gerade erst (genauer am 29.10.) Kindle MatchBook gestartet hat – und in Deutschland bereits den Gegenwind seitens des Börsenvereins zu spüren bekommt. Dort heißt es, der Onlinehändler dürfe solche Bundles nicht selbst schnüren, die Verlage müssten das tun und dann diese Bundles überall zu denselben Konditionen anbieten.
Kindle MatchBook ist ein Prinzip, das ich vor allem für die Leser, aber auch für Verlage und Autoren sehr vorteilhaft finde. Wer eine gedruckte Ausgabe eines Buches gekauft hat, kann die digitale Version stark vergünstigt erwerben. Konkret heißt das, dass die E-Book-Version in dem Fall für 2,99 US-Dollar, 1,99 US-Dollar, 0,99 US-Dollar oder sogar kostenlos zu bekommen ist. Das Angebot gilt rückwirkend für alle seit 1995 gekauften Bücher, wenn Kindle MatchBook von dem Rechteinhaber (Verlag oder Autor) für dieses Werk freigeschaltet wurde. Für Leser finde ich das klasse, weil sie so ohne hohe Mehrkosten viel mehr Entscheidungsfreiheit darüber bekommen, wann und wo sie ein Buch in welchem Format lesen möchten: in der Badewanne vielleicht lieber im Print, auf der Flugreise als E-Book. Oder man kann seine physische Bibliothek vor dem nächsten Umzug deutlich verkleinern und hat trotzdem noch alle Titel zur Verfügung und kann sie weiterhin lesen. Auch für Verlage und Autoren ist das ein Gewinn: Momentan kauft wohl kaum jemand Print- und E-Book-Version eines Werkes. Wenn die digitale Version aber so günstig zusätzlich zu haben ist, greifen viele (nochmals) zu – mehr Umsatz und Gewinn für Verlag und/oder Autor. Ich finde das Prinzip jedenfalls klasse. Wann es aber in Deutschland eingeführt wird, steht noch nicht fest.
Die Krimi-Editionen auf ebook.de
Die Ankündigung von Kindle MatchBook
E-Book-Flatrates: Abos zum monatlichen Festpreis
Mit Scribd und Oyster gibt es nun zwei ernstzunehmende Unternehmen, die Flatrates für E-Books anbieten. Für einen festen monatlichen Betrag bekommen Abonnenten Zugriff auf die E-Book-Bibliothek und können lesen, so viel sie wollen. Der Zugriff besteht nur so lange, wie das Abonnement läuft, also der monatliche Beitrag gezahlt wird.
Bei Scribd zahlt der Abonnent 8,99 US-Dollar pro Monat, bei Oyster werden 9,95 US-Dollar monatlich fällig. Gut, für Vielleser ist das sicherlich ein interessantes Modell, sofern ausreichend Lektüre vorhanden ist, die den eigenen Geschmack trifft. Aber was haben die Verlage und die Autoren davon?
Ich muss sagen, dass mir bei dem Gedanken an E-Book-Flatrates immer unbehaglich zumute war. Wer an das Pendant in der Musikbranche, Spotify, denkt, weiß sicherlich, warum. Die Musiker bekommen pro Stream ihres Songs einen vernichtend geringen Betrag ausgezahlt, der noch weit unter einem Cent liegt. Und natürlich kannibalisieren solche Streaming-Dienste und Flatrates die Verkäufe von Musikalben, wie inzwischen mehrere Studien bestätigen. Es lag nur nahe, Ähnliches auch für die Buchbranche zu befürchten. Doch die Konditionen sind augenscheinlich deutlich besser für die Rechteinhaber. Mark Coker von Smashwords zitiert Trip Adler, CEO von Scribd, mit den Worten:
When somebody reads a book, we pay a publisher as if they sold the book.
Übersetzung: „Wenn jemand ein Buch liest, bezahlen wir den Verlag so, als hätte er das Buch verkauft.“ Nun, da kann man dann nicht meckern. Ähnliches gilt für Oyster. Matthias Matting schreibt in seinem Blog Die Self-Publishing-Bibel:
Sobald ein Oyster-Nutzer mehr als zehn Prozent eines eBooks gelesen hat, erhält der Autor von Smashwords 60 Prozent des Listenpreises.
Auch das ist sehr in Ordnung. Hoffen wir, dass diese Konditionen so gut bleiben.
Smashwords: Examining the Business Model of Ebook Subscription Services (Part I)
Smashwords: How Ebook Subscription Services May Redefine the Value of Books (Part II)
Interessante Gründung 1: CulturBooks
Die Verlagsgründung durch Zoë Beck, Jan Karsten, Kirsten Reimers und Thomas Wörtche erfolgte zwar schon im März 2013, aber das erste Programm ist am 1. Oktober und damit pünktlich zur Frankfurter Buchmesse an den Start gegangen.
Bei CulturBooks handelt es sich um einen reinen E-Book-Verlag. Die Gründer möchten Literatur abseits des Mainstreams die Gelegenheit geben, ihr Publikum zu finden, und machen sich dabei die Vorteile des digitalen Formats zu eigen, bei dem im Gegensatz zu gedruckten Büchern beispielsweise Seitenzahlen keine Rolle mehr spielen. Das Programm umfasst somit sowohl einzelne Kurzgeschichten als auch Kurzgeschichtensammlungen, Novellen, Sachbücher oder Romane. Die Texte können innerhalb eines Genres angesiedelt sein, genreübergreifend oder außerhalb jeder denkbaren Schublade stehen. Ob ein Werk verlegt wird, entscheiden die Verleger im Team. Einzige Bedingung: Es muss sie begeistern.
Meine Einschätzung: Ein sympathisches Konzept! Und mit „Settlers Creek“ von Carl Nixon kenne ich schon ein wunderbares Werk aus dem Programm. Es wird sicherlich nicht das einzige bleiben.
Interessante Gründung 2: Sobooks
Sobooks (der Name ist eine Ableitung von social books) ist hauptsächlich eine Plattform, auf der Bücher gekauft und gelesen werden können. Die Gründer Christoph Kappes und Sascha Lobo verfolgen damit jedoch auch einen neuen Ansatz: Interaktivität: Jeder Satz soll verlinkbar und somit einfacher zitier- und belegbar sein – und so zu einem einfachen Austausch der Leser untereinander zum Beispiel über soziale Netzwerke wie Facebook oder Google+ führen. Apropos Austausch: Auch Likes und Kommentare im Buch sollen möglich sein, die andere Leser sehen und ihrerseits kommentieren können. Auch das soll eine Diskussion fördern – zum Beispiel über die Sobooks-Plattform selbst.
Sobooks wurde auf der Frankfurter Buchmesse von Sascha Lobo vorgestellt und ging am letzten Tag der Buchmesse online. Die Plattform befindet sich aber noch in der Closed-Beta-Phase, das heißt nur Leute mit einem speziellen Einladungscode haben Zugriff. Voraussichtlich zur Leipziger Buchmesse 2014 soll Sobooks in den normalen Produktivbetrieb gehen.
Das Konzept an sich ist zwar interessant, da es echte Neuerungen bietet, aber momentan sehe ich noch keinen Nutzen darin. Vor allem zwei Dinge fallen mir dazu ein, die natürlich völlig subjektiv sind:
- Zum einen empfinde ich Lesen als eher stille, persönliche Tätigkeit. Man zieht sich zurück, macht es sich gemütlich, eine Tasse Tee oder im Winter ein heißer Kakao dazu – und taucht dann ab in andere Welten. Ein ständiges Kommentieren oder die Kommentare anderer würden mich völlig aus dem Lesen und dem Erleben des Buches herausreißen. Mich würde das regelrecht stören. Nun kann man die Funktion auch ausschalten. Aber dann ist Sobooks nur eine weitere Verkaufsplattform, wie es schon viele andere gibt.
- Um die interaktiven Funktionen vernünftig nutzen zu können, müsste man die Bücher über den Browser (was als Vorteil seitens der Sobooks-Gründer angepriesen wird) lesen – und bräuchte so auch eine beständige Internetverbindung während des Lesens. Ich liebe E-Books – aber auf meinem E-Reader, der eine lange Akkulaufzeit hat und ein augenschonendes E-Ink-Display. Gerade als Vielleser, der ansonsten noch viel an einem Computerbildschirm sitzt, möchte ich Bücher nicht auf Displays mit Hintergrundbeleuchtung lesen. Nun kann man die bei Sobooks gekauften E-Books auch als EPUB oder PDF bekommen und somit auch auf einem E-Reader lesen. Für den Fall gilt aber wiederum die schon oben gezogene Schlussfolgerung: Dann stehen die interaktiven Möglichkeiten nicht zur Verfügung und Sobooks ist schlicht ein weiterer E-Book-Shop.
Mal schauen, was die Gründer sich noch einfallen lassen. Es sind beispielsweise Apps angekündigt, die auch im Offline-Modus funktionieren sollen. Sobooks ist noch neu und Verbesserungen und Ergänzungen folgen sicherlich noch. Und es mag ein tolles Konzept für diejenigen sein, die die soziale Komponente beim Lesen vermissen.
Was hältst du von Bundles und E-Book-Flatrates? Freust du dich wie ich darüber, dass sperrigere Texte und Nischenwerke bei neuen Verlagen wie CulturBooks eine Chance bekommen? Wie beurteilst du das Konzept von Sobooks? Ich freue mich über Kommentare!
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Bildnachweis:
alle Bilder: Kerstin Brömer
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