Bild: Fragezeichen mit Puzzleteilen

Das Thema: Kern jeder Geschichte

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Jeder guten Geschichte liegt ein Thema zugrunde. Es ist der Kern der Geschichte, der sich daraus ergibt, wenn man alle Puzzleteile – Figuren und ihre Charakterisierung, Plot, Subplots, Wendungen etc. – auf einen einzigen Begriff reduziert. Es gibt viele gute Gründe dafür, dass sich ein Autor des Themas seiner Geschichte bewusst ist. Doch wie findet er es – und wie kann er es zum Wohl der Geschichte einsetzen?

Das Thema wird in der Regel als solches nicht genannt, es schwingt aber über die gesamte Länge des Romans mit, von Anfang bis Ende. Im optimalen Fall findet es sich in jeder einzelnen Szene. Meist handelt es sich dabei um etwas Abstraktes, wie zum Beispiel Liebe, Gerechtigkeit, Gier, Rache oder Vertrauen. Das heißt nicht, dass nicht mehrere dieser Themen eine Rolle spielen können, aber eines überwiegt in der Regel deutlich.

Beispiele für Themen in berühmten Werken

Werden wir doch einmal konkret und bringen Beispiele zu den ersten drei abstrakten Begriffen:

  • Eines der berühmtesten literarischen Werke mit dem Thema „Liebe“ ist sicherlich Romeo und Julia. Man könnte das natürlich noch spezifizieren zu „tragische Liebe“ oder auch zu „verbotene Liebe“, aber das ist in diesem Zusammenhang nicht relevant. Das Werk ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass natürlich immer mehrere Themen in einer Geschichte auftauchen. Hier sind es beispielsweise „Hass“ als Antonym von Liebe (die Fehde zwischen den beiden Familien der Liebenden), „Unglück“ oder „Tod“. Das Hauptthema bleibt jedoch immer die Liebe.
  • Das Thema „Gerechtigkeit“ findet sich in zahlreichen Justizthrillern. Oft muss ein Einzelner einen aussichtlos erscheinenden Kampf gegen eine Übermacht aufnehmen, um seine Unschuld zu beweisen oder um einen widerlichen Schurken, der mit allen Wassern gewaschen ist, seiner gerechten Strafe zuzuführen. Eines der bekanntesten Beispiele ist sicherlich Die Firma von John Grisham.
  • Zum Thema „Gier“ ist das beste Beispiel vermutlich „Wall Street“. Hier nutzt ein Börsenhai illegale Insiderinformationen, um sich zu bereichern. Zu demselben Zweck will er später eine Firma in den Ruin treiben, was viele, viele Arbeitskräfte den Job kosten soll. Moralische Bedenken sind ihm dabei völlig fremd. Die Gier beherrscht die Figur, sie beherrscht sein gesamtes Handeln – und damit auch den Plot der Geschichte.

Warum ist das Thema so wichtig?

Es ist der Teil der Geschichte, der eine Resonanz beim Leser erzeugt, der ihn oft noch nach der Lektüre weiter über das Werk nachdenken lässt. Und genau das sollte das Ziel eines jeden Autors sein. Jeder möchte mit seinen Geschichten etwas mitteilen, eine Art Botschaft herüberbringen. Für die meisten ist das ein wichtiger Antrieb zum Schreiben. Natürlich sollte kein Autor dabei zum Prediger werden und das Erzählen der Geschichte vernachlässigen, sonst liest den Sermon kein Mensch. Aber ein Thema, das sich in das Alltagsleben übertragen lässt, eine Geschichte, die diesem Thema vielleicht eine neue Perspektive geben kann oder die es auf überraschende Weise transportiert, prägt sich einem Leser ein. Im günstigsten Fall kauft er dadurch auch weitere Werke des Autors.

Das gilt auch für Geschichten, die nicht in unserer Alltagswelt spielen. Zwerge kämpfen gegen übermächtige und bösartige Trolle? Okay, es geht um einen Kampf gegen Unterdrückung und darum, sein Leben in Freiheit und ohne Angst verbringen zu können – Werte, mit denen sich jeder Mensch identifizieren kann, auch wenn er nicht in der Fantasiewelt des Werkes lebt.

Nun mag es Autoren geben, die denken: „Ich will aber gar keine Botschaft vermitteln, ich will doch bloß unterhalten.“ Aber eine gewisse Botschaft schwingt in jedem Text mit, genau wie in jedem Bild, in jedem Musikstück, in jeder Fotografie oder jedem anderen Kunstwerk. Es ist besser, sich darüber im Klaren zu sein und das Thema sowie die Gefühle, die der Text beim Leser erzeugt, bewusst zu steuern, statt sie dem Zufall zu überlassen. Jeder Leser neigt dazu, Begebenheiten in der Literatur oder im Film zu überdenken und sich beispielsweise folgende Fragen zu stellen: Wie würde ich in der Situation handeln? Wie würde ich mich nun fühlen? Auch wer nur unterhalten will, sollte sich dessen bewusst sein. Und, ganz nebenbei, gute Unterhaltung ist extrem schwierig zu bewerkstelligen.

Wie findet ein Autor das passende Thema?

Bei manchen Autoren steht das Thema bereits ganz zu Anfang fest. Die erste Idee zu einer neuen Geschichte, der erste Funke, der zu einem neuen Werk führt, ist das Thema. So ging es mir bei meinem ersten Roman. Ich kannte das Thema, ich wollte unbedingt etwas dazu schreiben. Die Figuren, der Plot – alles entwickelte sich daraus, dieses Thema (hoffentlich) so gut wie möglich in einer unterhaltsamen Geschichte transportieren zu können.

Andere Autoren beginnen mit der Hauptfigur, sie wissen, über wen sie etwas schreiben möchten. Wieder andere fangen mit dem Plot an, ihre Geschichte zu entwickeln. Und bei vielen ist das von Geschichte zu Geschichte unterschiedlich, so auch bei mir, denn bei einer Idee für ein kommendes Romanprojekt stand erst ein Teil der Handlung fest, bevor ich mit der Ausarbeitung der anderen Komponenten starten konnte. Aber obwohl ich noch vieles planen muss: Das Thema kenne ich auch hier längst. Ich finde es ganz praktisch, das Thema zu kennen, bevor ich mit dem eigentlichen Schreiben beginne. So bleibe ich fokussiert und schweife nicht auf Nebenschauplätze ab, die mit der Geschichte, die ich erzählen möchte, nichts zu tun haben.

Es gibt aber auch Autoren, die das Thema erst nach der Rohfassung finden. Zu ihnen gehört nach eigenen Angaben Stephen King, wie er in seinem Schreibratgeber-Memoiren-Kombiwerk Das Leben und das Schreiben mitteilt. Er sucht nach dem Schreiben der Rohfassung nach dem Thema und überarbeitet den Roman anschließend mit dem Ziel, dieses Thema stärker hervorzuheben. Aber er ist auch Entdecker beziehungsweise discovery writer. Ein Outliner, der das Thema schon in der Planungsphase kennt, kann es dagegen bereits beim Schreiben der Rohfassung beachten und muss später weniger überarbeiten.

Das Thema ist eng mit der sogenannten Prämisse verknüpft, tatsächlich taucht es häufig in der Prämisse auf. Die Prämisse zu Romeo und Julia etwa lautet: „Verbotene Liebe führt zum Tod“. Zur Prämisse wird es bald einen eigenen Artikel geben.

Hast du dein Thema schon genau vor Augen, wenn du mit dem Schreiben beginnst, oder kristallisiert es sich bei dir erst während des Schreibens heraus? Hast du Lieblingsthemen, die sich in deinen Werken immer wieder finden lassen? Ich freue mich über Kommentare!


Bildnachweis: Palto / iStockphoto


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